Freist in der Nähe von Stolp in Pommern wurde erstmals 1285 erwähnt...
Der Ort in Polen heißt heute  Wrzescie.

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bitte anklicken.. (aus Velhagen & Klasings: Neuer Volks- und Familienatlas, Leipzig 1901)
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Auszug aus dem Buch: "Der Landkreis Stolp in Pommern" - Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit - von Karl-Heinz Pagel

27. Freist, Landkreis Stolp i. Pommern...............................Seite 457

Die nördlich von Stolp auf abfallender Grundmoräne gelegene Landgemeinde Freist war Kirchdorf. Bis über das Vorwerk Kempen hinaus reichte im Norden das Gemeindegebiet. Einen reizvollen Gegensatz zu der weiten Ebene bilden die Taleinschnitte der Lübzower und Freister Gründe im Süden. Freist erreichte man von Stolp aus auf der Glowitzer Chaussee über Ritzow, Schmaatz und Lübzow.

Einige Angaben über die Gemeinde Freist aus der Zeit vor 1945 in Kurzform:

Zugehörige Ortsteile (2): Kempen—Wassermühle

Gemeindefläche in ha

1103

Wohnbevölkerung am 17. Mai 1939

484

Zahl der Haushaltungen

112

Zahl der Wohnhäuser 1925

64

Amtsbezirk

Lübzow

Standesamtsbezirk

Lübzow

Gendarmeriebezirk

Lübzow

Amtsgerichtsbezirk

Stolp

Gemeindevorsteher 1931

Voß

Bürgermeister 1937

Landwirt Albert Daske

Nächste Bahnstation

Karzin

Entfernung

3,5 km

Bahnlinie

Stolp—Dargeröse (Kreisbahn)

Poststelle II

Freist

Letzte postalische Anschrift

Freist
über Stolp (Pom.)

Historie

Der historischen Dorfform nach ist Freist ein Winkelzeilendorf. Es wird erstmals 1285 in einer Urkunde genannt, in der Mestwin II., Herzog von Pommerellen, dem Kloster Belbuck und der Nikolaikirche in Stolp die Dörfer Buckow, Freist und Nippnow im Stolper Distrikt schenkte. Etwa um 1400 war es im Besitz der von Gutzmerow, die seit ihrem ersten Auftreten in Ostpommern auch auf ihrem Stammsitz Alt Gutzmerow saßen.Dieser ging aber bereits 1552 verloren. 
Über 400 Jahre haben die von Gutzmerow auf Freist und dem als Vorwerk dazugehörigen Kempen gesessen. 1523 wird in der Musterrolle Laffrens Gutzmerow tor Vresth genannt. 

Die Hufen-Klassifikation von 1717 enthält die Eintragung:

Besitzer:          
Heinrich Werner von Gutzmerow. 

Bauern 3/4 Lh.: 
1. Jacob Lämbke sen.,
2. Lucas König, 
3. Pagel Rönnhack. 

Halbbauern à 3/8 L.: 
1. Michel Lämbke,
2.Matthias Bandemer. 

Cossäthen: 
1. Jürgen Rönnhack, 
2. Hanß Grade, 
3. Jacob Lämbke jun., 
4. Matthias Woggen.
Es liegt dabey ein Ackerwerck, Kämpen genandt, so auf einer wüsten Feldmarck lieget. (Keine Bauern.)

Als Freist und Kempen im Besitz von Lorenz Adam von Gutzmerow waren, wurde das Rittergut 1755 allodifiziert.

Nach Brüggemann hatte Freist 1784 ein Vorwerk, einen Prediger, einen Küster, drei Bauern, zwei Halbbauern, vier Kossäten, eine Schmiede, innerhalb der Gemarkung ein weiteres Vorwerk, Kempen genannt, eine Wassermühle und insgesamt achtzehn Feuerstellen. 
Lorenz Adam von Gutzmerow verkaufte Freist 1817 an seinen Schwiegersohn Magnus Friedrich von Schmeling, der es 1843 an Gottfried Gütschow weiterveräußerte. 
1852 erwarb es Friedrich Hell und 1855 Louis Türkheini für 105000 Taler. 
Die weiteren Besitzer waren Eduard Koch 1884 bis 1893
Artur von Livonius 1896 bis 1901
und sein Sohn Ernst 1902 bis 1918
Im Jahre 1918 ging Freist in den Besitz von Erich von Rieck-Eggebert auf Poganitz über, der es aber nach einem halben Jahr an Wilhelm Anhalt weiterverkaufte. Dieser war der Sohn des Kommerzienrates und Begründers der weit über die Grenzen Pommerns bekannten kosmetischen Fabrik A. 0. K. (Anhalt, Ostseebad Kolberg). „Der letzte Besitzer hat für den Ausbau seines Gutes sehr viel getan. 

1923 wurde das Herrenhaus in Kempen durch einen Ausbau so vergrößert, daß es die doppelte Anzahl der Zimmer ergab. In Kempen und Freist wurden mehrere Tagelöhnerhäuser erbaut, feste Steinhäuser mit den dazugehörigen Stallungen für Schweine, Kühe und Federvieh, angeschlossen ein kleiner Garten. In Freist wurde eine große Scheune, Länge 100 Meter, erbaut“ (Wolf Anhalt). 

Gutshaus Kempen >> 1904     vor 1945

Das Rittergut mit Vorwerk Kempen-auf letzterem befand sich das Herrenhaus mit kleinerem Gutshof - war zuletzt 826 ha groß. Es hatte 581 ha Ackerland, 57 ha Wiesen, 45 ha Weiden, 113 ha Wald, 25 ha Unland, Hofraum und Wege und 5 ha Wasserfläche. Der Viehbestand belief sich auf 52 Pferde, 160 Stück Rindvieh und 128 Schweine.

 

Landwirtschaft

Außer dem Gut gab es in Freist 35 landwirtschaftliche Betriebe, die sich wie folgt zusammensetzten:

11 mit 0,5 bis unter 5 ha
16 mit 5 bis unter 10 ha
8 mit 10 bis unter 20 ha

Der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag auf ein Hektar lag mit 5,58 RM etwa im Kreisdurchschnitt (5,95 RM).

Handel und Handwerk

Über Handel, Handwerk und Gewerbe gibt das Reichsadreßbuch 1941/42 Auskunft.
Dort sind verzeichnet: 
die Ländliche Spar- und Darlehnskasse Freist EGmbH, 
der Bäcker Max Heyer, 
das Baugeschäft Paul Albrecht, 
die Brennerei W. Anhalt, 
die Fahrradhandlung M. Heinz, 
der Gasthof Willy Gerson, 
die Kolonialwarenhandlung
Olga Kamin, 
die Mühle Fritz Kanz, 
die Schmiede Friedrich Massel und 
die Schneider R. Schröder und Frz. Stork.

Kirche

Das Gotteshaus in Freist ist als Parochialkirche 1493 bezeugt. Es wurde im Jahre 1620 erneuert. Die letzte Kirche ist ein Neubau aus dem Jahre 1874 nach einer Zeichnung des damaligen Bauinspektors Heithaus. In den Neubau wurden einige alte Ausstattungsgegenstände übernommen. Das Taufbecken aus Messing ohne jeden Schmuck stammt noch aus dem Jahre 1640. Als kostbare Arbeit galt ein Leichentuch mit reichen Stickereien von 1651. Es war in Gold, Silber und besonders roter Farbe in Seide gestickt und mit vier Wappen und schönen Eckverzierungen geschmückt. In der Aufschrift konnte man deutlich nur den Namen „Ciara von Mitzlav“ lesen. Die Orgel hat der Dünnower Orgelbauer Völkner geliefert.

 Kirche in Freist   Pfarrhaus in Freist

Im Jahre 1493 waren Johann Junghen und Dionysius Molner Pfarrer in Freist. Die Dörfer Roggatz und Schwuchow waren früher zu der Altstädtischen Kirche in Stolp eingepfarrt und das Dorf Beckel zu der Gardischen Kirche. Nach der Verordnung des Herzogs Johann Friedrich von 1590 wurden diese Dörfer der Freistschen Kirche zugeteilt. Freist gehörte bis etwa 1700 zum wendischen Distrikt, wurde dann aber dem deutschen Distrikt zugeteilt, „weil der größte Theil der Gemeinde Teutsche sind und kaum noch wenige Casuben oder Wenden in dem Dorf Bekell übrig sind, so nebst ihrer Sprache auch gut teutsch reden und verstehen können“. In den letzten hundert Jahren vor der Vertreibung haben in Freist als Pastoren gewirkt:

Hermann Karl Anton Zollfeldt

1837—1849

Wilhelm August Ludwig Palis

1849—1886

Heinrich Wilhelm Martin Schramm

1887—1889

Johann Eugen Gustav Wenziaff

1890—1911

Friedrich Gustav Brinckmann

1912—1914

Georg Stephani

1914—1926

Unbesetzt

1927

Reinhold Roll

1928—1945/46

Das Kirchspiel Freist hatte 1940 fünf eingepfarrte Ortschaften bzw. Ortsteile mit zusammen 1485 Gemeindemitgliedern. 
Eingepfarrt waren Beckel, Lübzow und Roggatz (mit Kuckow) und aus der Gemeinde Schmaatz die Ortsteile Schwuchow und Seddin. Patron war der Rittergutsbesitzer Anhalt-Kempen-Freist. Als Kirchspiel gehörte Freist zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt. Die Bevölkerung war evangelisch. Im Jahre 1925 gab es in Freist einen Bewohner katholischer Konfession (0,2 v. H.).

 

Schule

Freist hatte im Jahre 1932 eine dreistufige Volksschule mit drei Klassen und zwei Lehrern, die 79 Schulkinder unterrichteten. Als Lehrer waren hier Jaekel, Gliewe und Otto Hoffmann tätig.

 

Kriegsende 1945 - Verlust der Heimat
Russisches Militär und Polen üben Herrschaft des Schreckens und der Gewalt auch im Landkreis Stolp aus
Okkupation[=Besetzung], Annektion[=Einverleibung] und Expulsion[=Vertreibung] aus der Heimat

Freist konnte vor der Besetzung durch die Russen nicht mehr geräumt werden. Die Chaussee nach Zezenow war voll von Treckfahrzeugen, die ostwärts zogen. Gegen 14 Uhr des 8. März 1945 kam eine SS-Einheit durch den Ort, die den Russen noch bei Lübzow Widerstand geleistet hatte. Nachdem zwei letzte SS-Soldaten in schneller Fahrt auf einem Fahrrad durch den Ort gekommen waren, gab es eine Viertelstunde Ruhe. Dann ging russische Infanterie vorsichtig gegen das Dorf vor und nahm Freist kampflos in Besitz. Es folgten Soldaten zu Pferde und mit Pferdewagen und später Panzer. Das Dorf war voll von Flüchtlingen, vor allem aus Stolp. 
Es kam zu den nach der Besetzung üblichen Szenen. „An Mißhandlungen sind an erster Stelle die Vergewaltigungen tags und nachts zu nennen, denen jedes weibliche Wesen zwischen zehn bis 80 (Jahren) ausgesetzt war.“ Nach einigen Tagen wurden mehrere Bewohner, darunter der Bürgermeister Albert Daske und der Gutsinspektor Heidemann, verschleppt. Letzterer blieb verschollen, wie viele andere auch. Etwa drei Wochen lang kamen von dem benachbarten Gut Karzin Soldaten herüber und plünderten die Häuser aus. Am 30. März 1945 mußten die Bewohner Freist vorübergehend verlassen. Einige suchten in Vessin, andere in der Schäferei Tulemeiershof Zuflucht. Als sie zurückkehrten, waren Rinder und Schweine und alles Vieh weggetrieben und die Wohnungen ausgeplündert. 

Im Sommer 1945 übernahmen die Polen das Dorf. Zuerst erschien ein einzelner Pole im Ort und erklärte, er sei zum Bürgermeister eingesetzt. Andere folgten. Die großen Mühlen in Freist und Beckel behielten die Russen und ebenso zunächst die Brennerei des Gutes Freist, die aber im November den Polen übergeben wurde. „Die dauernden Plünderungen und Belästigungen durch die Russen hörten mehr und mehr auf, und an ihre Stelle traten die Schikanierungen, Diebstähle und teilweise sogar Mißhandlungen von seiten der Polen.

Gezielt gingen die Polen gegen Pastor Roll vor. Es erging ein Verbot jeglichen Konfirmandenunterrichts für das Winterhalbjahr 1945/46. Im Juni 1946, in der Nacht vom 7. zum 8., wurde der Pastor mit seiner Frau und Tochter von einem bewaffneten Kommando polnischer Polizei abgeholt und in einem großen Vertreibungstransport mit 3000 Menschen von Stolp aus über die Oder transportiert. 

Die Heimatortskartei Pommern hat später 186 Dorfbewohner in der Bundesrepublik Deutschland und 148 in der DDR ermittelt. Aus Freist wurde das polnische Wrzescie. Im Jahre 1951 gab es noch zehn deutsche Arbeiter- und Handwerkerfamilien, die dort gegen ihren Willen festgehalten wurden.

Kriegs- und Vertreibungsverluste: 25 Gefallene, 5 Ziviltote und 36 Vermißte ("ungeklärte Fälle").

 

Literatur

P11. UB Nr. 389 = PUB II Nr. 1324
Freist. Dorfgcschichtc in Stichworten. In: Die Pommersche Zeitung vom 2. April 1966, S. 5
Ost-Dok. 1 Nr. 172, pag. 129—138
Aus der Heimat. In: Stolper Heimatblatt 1951, Nr. 11
Brandt, Hannah: Einsegnung während der Russenzeit. In: Stolper Heimatblatt 1962, S. 140—141
Mit ergänzenden Angaben von Wolf Anhalt